Yes we can Vereinbarkeit
Sie war’s, sie war’s – er war’s, er war’s

Zurück in die Sicherheit des (dann vermutlich) ordentlichen Heims ist nur kurz ein verlockender Gedanke.
In vielen der gerade erschienen oder auch älteren Blogartikeln platzt den Autoren und Autorinnen die Hutschnur. An persönlichen Geschichten, an politischen Voraussetzungen, am Steuerrecht oder an der Unternehmenskultur in Deutschland machen sie fest, warum dieses Vereinbarkeitsdingens nicht klappt. Nie. Und auch nicht klappen kann.
Leider haben sie ja auch häufig genug Recht:
- Natürlich ist das mit der Vereinbarkeit in vielen Fällen immer noch ein Spagat, um den sich viel zu häufig die Mütter alleine bemühen.
- Natürlich gibt es immer noch Arbeitgeber, die ihre Personalpolitik an den familienpolitischen Idealen der 1950er Jahre ausrichten. Okay, vielleicht auch der 70er.
- Natürlich soll jeder das Leben leben, das er sich wünscht: Ob mit 0, 10, 20, 40 oder 50 Stunden Erwerbstätigkeit sei jedem selbst überlassen. (Das jede*r sich dann auch bitte selbst um seine Rente kümmert, habe ich hier schon mal dargestellt).
- Natürlich sind die (steuer-)politischen Gegebenheiten für berufstätige Eltern alles Andere als optimal.
Leider komme ich mir dabei häufig vor, als würde ich ein modernes Remake der Steinigungsszene im Leben des Brian schauen: „Sie war’s, sie war’s – er war’s, er war’s“.
Ein Blog ist immer und zuallererst eine persönliche Spielwiese und da sei es jedem gegönnt, sich auch einfach mal auszukotzen – pardon my French. Ich finde es sogar gut, wenn viele Standpunkte die Diskussion bereichern. Genauso wichtig und richtig finde ich es, Fehler im System zu benennen. Anhand persönlicher Geschichten können sie von einer abstrakten Ebene runter kommen und Probleme für andere verständlich und nachvollziehbar machen.
Leider überwiegt bei vielen AutorInnen die Ratlosigkeit darüber, was zu tun ist. Oder aber es werden starke politische Forderungen gestellt. So stark, dass ich fürchte, sie werden ungehört verpuffen und als realitätsfern abgestempelt, wenn sie „nur“ in einem Blog stehen. Viel zu häufig habe ich den Eindruck, dass vielen – wenigstens zwischen den Zeilen – ein „klassisches Familienmodell“ als einfacher erscheint.
Die Top 3 Gründe, warum Vereinbarkeit weiter ist, als wir glauben
Aber eigentlich will das ja niemand (außer der AfD und die will ich nicht). Und so muss nach dem Gejammer ein*e jede*r von uns auch wieder nach vorne schauen und Lösungen suchen. Für sich privat aber auch im Politischen. Und ganz ehrlich: Ich finde, da sieht es nicht so schlecht aus!
Rahmenbedingungen ändern sich
Das Elterngeld und das neue Elterngeld Plus sind doch schon mal ein guter Start. Ich finde es super, dass ein Teil der Leistungen daran gekoppelt ist, dass beide mind. 25 und max. 30 Stunden arbeiten. Das wird so manchem Vater zeigen, wie das so „in echt“ ist, dieses Ding mit der Teilzeit. Dieses, den Stift um Punkt Dienstschluss fallen zu lassen, um das Kind/die Kinder abzuholen. Dieses, nicht mehr immer dabei sein.
Aber auch so manchem Personaler wird es die Sicherheit nehmen, dass die Männer eh immer da sind – egal, ob sie Vater sind oder nicht.
Okay, diese Rahmenbedingungen reichen bei Weitem noch nicht aus, aber versuchen wir es doch mal positiv zu sehen: Das Elterngeld gibt es noch keine 10 Jahre. Wir sind auf dem Weg.
Sicherheiten gibt’s nicht mehr

Sie haben zwar kein Problem mit Familie und Beruf – dafür aber mit der Anerkennung von Care-Arbeit.
Immer mehr Mütter nehmen ihre Partner in die Pflicht, immer mehr Väter riskieren Konflikte mit ihren Arbeitgebern. Ich finde das gut. Echt jetzt! Denn es zeigt doch, dass es nicht die arbeitende Mutter ist, die schief angeschaut wird, sondern der Arbeitnehmer in Teilzeit.
Und wenn ich das gedanklich entkoppele, ist es auch nicht mehr ein Angriff auf mein Elternsein. Vielmehr ist es der Wunsch des Arbeitgebers, immer den kompletten Zugriff auf seine Arbeitsbienen zu haben. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das ja sogar nachvollziehbar.
Dass sich jahrzehntelang eingeschliffene Wege ganz ohne Konflikte und ohne Frust in Wohlgefallen auflösen – mal ehrlich: Das hat doch keiner wirklich gedacht, oder?
Menschen sterben
Zugegeben: Das ist jetzt massiv vereinfacht. Aber ihr habt vielleicht die Headlines der letzten Woche gesehen, dass in Deutschland im letzten Jahr mehr Kinder geboren werden, als seit 15 Jahren. Das ist ja alles schön und gut, aber trotzdem sind immer noch mehr Menschen gestorben. Wenn die Zahlen bei Spiegel Online stimmen sind 187.000 Menschen mehr gestorben als Babys das Licht der Welt erblickten. Mit anderen Worten: Den Arbeitgebern sterben die Arbeitnehmer aus. Fachleute kennen das auch unter dem unschönen Schlagwort „Demographischer Wandel“.
Was wiederum für uns heißt: Wer (gute) Arbeitskräfte kriegen und halten möchte, muss sich anstrengen. Neben einem „anständigen“ Gehalt immer gehört für viele immer stärker auch die – tadaaaa – Vereinbarkeit des Jobs mit dem Familienleben zu den wichtigsten Anforderungen an einen Job. Wenigstens ist das in meiner Filter-Bubble schon heute so.
Wir haben Zeit
Denn eines ist klar: Alle, die da jetzt so schreiben, haben noch viele, viele Jahre vor sich. Bei mir sind es, sollte das Renteneintrittsalter so bleiben, ich gesund sein und aufgrund bisher unbekannter kosmischer Fügungen mir den Berufsausstieg auch leisten können, aktuell noch etwa 31 Jahre. Ich wage zu behaupten: Bis dahin sind die Kinder aus dem Gröbsten raus und ich habe noch viele Möglichkeiten.
Im nächsten Artikel schreibe ich darüber, was jede*r von euch meiner Meinung nach schon jetzt tun kann. Nur falls ihr nicht darauf warten möchtet, dass sich das mit der Vereinbarkeit von selbst löst (das wird es nicht) oder Dritte „in die Puschen kommen“. Falls jemand dazu noch einen Tipp hat – immer gerne her damit.
Die Vereinbarkeitsdebatte anderswo
Bis dahin könnt ihr ja durch die vielen tollen Texte klicken, die in den letzten Wochen schon entstanden sind.
Die Überschrift von Tina schreckte mich erst ab „Vereinbarkeit: Der Feind in meinem Bett“. Zu sehr klang das nach „geht alles nicht“. Erst als eine sehr lieb gewonnene Twitterin den Artikel empfahl, traute ich mich an den Text: Jetzt möchte ich ihn euch ans Herz legen:
Versuch’s mal mit Vereinbarkeit – sagt Madame Modeste:
Eine Übersicht gibt es auch bei der lieben Susanne, die zusätzlich zu ihren Wunsch zur Vereinbarkeit viele Links zusammengetragen hat.
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat Sonja den aktuellen Stein ins Rollen gebracht, indem sie, nachdem sie ihre Erfahrungen aufgeschrieben hatte, auch mal eine ganze Reihe aktuelle und ältere Artikel zusammengetragen hat.
Pingback: #Vereinbarkeitsgeschichten Teil 2 - Vereinbarkeitsblog